Viele Kinder, die in eine Lerntherapie kommen, haben Ängste entwickelt. Die Therapiestunden geben neben der Symptomförderung auch Raum und Zeit für die Aufarbeitung von Ängsten. Manche Kinder brauchen mehr. Das Safer Place Konzept in der Lerntherapie kann hilfreich sein.
Beitrag einer in der Praxis mitarbeitenden Masterstudentin
Ursachen
Viele Kinder, die in eine Lerntherapie kommen, haben Ängste entwickelt. Denn das ständige Erleben von Versagen (in der Schule) führt dazu, dass sie sich lieber nicht mit Zahlen und Buchstaben beschäftigen. Die Integrative Lerntherapie (ILT) bietet grundsätzlich einen sicheren Raum und die benötigte Zeit, sich neben dem Lesen, Schreiben und Rechnen auch mit diesen Ängsten auseinander zu setzen und einen positiven Zugang zum Lernen zu finden.
Das Safer Place Konzept
Manche Kinder benötigen darüber hinaus einen sicheren Ort innerhalb dieses sicheren Ortes. Während in der psychotherapeutischen Traumapädagogik mit einem imaginären sicheren Ort als Zufluchtsort gearbeitet wird (vgl. Reddemann, 2016, S. 57), kommen beispielsweise in der Mutismustherapie reale sichere Orte zum Einsatz (vgl. Safer Place Konzept, Katz-Bernstein, 2023, S. 106 ff.).
Das Safer Place Konzept in der Lerntherapie
Diese Idee kann auch für die ILT aufgegriffen werden: Das Kind darf eine gemütliche Höhle gestalten und sich darin einrichten. Damit das Kind den Schutz emotional nachvollziehen kann, legt es (ggf. mit Hilfe) Zutrittsregeln für den sicheren Ort fest.
Im Fall von Dyskalkulie-Kindern, die bereits mit den grundlegenden Mathe-Kenntnissen Probleme haben, kann der Zutritt für Rechenaufgaben verboten werden. In einem solchen Fall hat das Kind die Möglichkeit, sich mit Zahlen, Mengenvorstellungen und verschiedenen Zahlenbildern spielerisch und angstfreiauseinander zu setzen. Nach und nach werden dann weitere Rechenoperationen aktiv zugelassen.
Im Falle einer LRS haben beilspielsweise zuerst nur Buchstaben, Phoneme und Worte, die beherrscht werden, Zugang zum sicheren Ort. Mit gewachsener Selbstwirksamkeit kommen unter Mitwirkung des Kindes schrittweise problematische Wortteile, Regeln und Strategien dazu. Der lernpsychologische Weg ist das Scaffolding (stützende Hilfen). Das Ziel ist in jedem Fall der angstfreie Umgang mit unseren Kulturtechniken.
Wirkweise des Konzepts
Durch die Stressreduktion werden Lernkanäle nutzbar: Es ist nicht mehr notwendig, Fehler oder Unzulänglichkeiten verbergen zu „müssen“. In einer entspannten Atmosphäre können basale Fertigkeiten und Kenntnisse erworben werden. – In der Regel „übertreten“ die Kinder irgendwann selbst die Regeln, wenn durch den erwartungsfreien Raum ausreichend Neugier geweckt werden konnte (nach Katz-Bernstein kommen nach dem Geborgensein das Selbermachen, Handeln wollen und Leisten können).
Siehe auch den Artikel PEP® Anwendungsmöglichkeiten in der Lerntherapie, der sich ebenfalls mit dem Abbau von Ängsten befasst.