TIGRO

Das neue Dyskalkulie-Förderprogramm TIGRO 1 (Training in Grundrechenoperationen) der österreichischen Professorin Silvia Pixner ist seit 2020 im Handel und behandelt die Grundrechenarten Addition und Subtraktion. Zugrunde liegt ein Aufbau aus den drei Säulen Mengen, Zählen und Sprache, die wiederum in Anlehnung an führende Modelle (Dehaene, Fritz & Ricken) in 5 Niveaustufen gegliedert sind.

Einen kurzen Überblick über das wissenschaftlich gut begründete und entsprechend aufgebaute Fördersystem, dass in der Praxis erprobt und evaluiert wurde, finden Sie hier oder auf der TIGRO-Homepage. Es gibt aber bei näherem Hinsehen viele kritische Punkte.

Schwerpunkte von TIGRO

Das Material enthält vor allem Übungen zum Zahlenraum bis einhundert. Die Zahlraumerweiterung bis zu 1 Million sowie das schriftliche Rechnen werden nur äußerst knapp behandelt.

Handlungsorientierte Übungen werden als Voraussetzung für die Arbeit mit TIGRO beschrieben, das Programm selbst bedient aber nach dem „EIS-Prinzip“ fast ausschließlich die letzte, die symbolische Ebene. Es werden also umfangreiche Angebote auf der handelnden (enaktiven) und ikonischen Ebene benötigt, bevor man TIGRO nutzen kann.

Spiele

Die Spielpläne haben alle den gleichen Aufbau als Hüpfspiel. Die Spieler rücken vor, wer als erster im Ziel ist, ist Sieger. Es gibt keine Ereignisfelder oder Elemente von Leiterspielen, die die Spannung erhöhen könnten. Der Ausdruck der farbigen Varianten ist nur möglich, wenn man die Version mit dem USB-Stick kauft. Eine Ausnahme stellt das zusätzlich bestellbare Spiel „alle gegen TIGRO“ dar. Die Spieler treten gegeneinander an, aber auch gegen TIGRO. Es gibt Ereignisfelder mit zusätzlichen Rechenfragen und schnellerem Vorrücken, wenn TIGRO die Hälfte des Weges hinter sich gebracht hat. So kommt ausreichend Spannung auf.

Das „TIGRO-Schnappen“ (Niveau 1) ist dem „Hamstern“ von PIKAS verwandt. Dort gibt es zur Differenzierung zwei Varianten. Außerdem darf der Spieler, der die größere Menge gewürfelt hat, den Differenzbetrag zur kleineren Menge des Gegenspielers auf einem Streifen sammeln. Die Mehrbeträge werden so visualisiert. Ein Wortspeicher und passende Arbeitsblätter ergänzen das Hamster-Spiel.

Auf der gleichen Niveaustufe werden bei TIGRO Memory-Vorlagen zum Ausdrucken angeboten. Da es drei Darstellungsvarianten sind, muss man immer eine aussortieren, damit das Memory funktioniert. Dann gibt es von den Fingerbildern der 4 und 9 jeweils zwei Varianten. Auch hier muss man stets je ein Bild aussortieren, um spielen zu können. Der Vorschlag, stattdessen einen doppelten Kartensatz zu nutzen, kommt man auf die stattliche Anzahl von 54 Karten. Auch hier gib es eine durchdachtere Variante bei PIKAS als Quartett mit Ziffern- und gut strukturierten Mengendarstellungen.

Zahlenquartett PIKAS

Didaktisch-methodische Probleme von TIGRO

Beim TIGRO-Memory werden Fingerbilder, Würfelpunkte und Ziffern verglichen. Leider werden den Fingerbildern von 6 bis 9 nicht die entsprechenden Würfelbilder 5+1, 5+2 etc. zugeordnet. Stattdessen greift man auf die „Kieler Zahlenbilder“ zurück (6, 7, 8 und 9 Punkte auf einem Würfelbild).

Bei der Zuordnung von Ziffern zu Mengen im Zahlenraum 1-10 werden die Ziffern unstrukturierten Mengen zugeordnet. Das zwingt die Kinder zum Abzählen.

1+1 Karten zum Sortieren und Rechnen

Die Spiele und Kartensets enthalten keine ikonischen Darstellungen als Unterstützung. Alle Blitzrechenkarteien und die 1+1, 1-1 und 1×1 Karten des Systems „mathe 2000+“ (Klett) enthalten diese Hilfen.

Zu den Kartensets bei Klett gibt es zusätzlich kostenfreies Material zum Sortieren, Legen von Plättchen etc. Viele von Dyskalkulie betroffene Kinder haben Probleme im Bereich der visuellen Wahrnehmung und benötigen zumindest im Übergang solche Stützen.

Bei den „Zwerg- und Riesenaufgaben“ folgt auf Aufgaben wie 3 + 4 nur 30 + 40, nicht aber 13 + 4 oder 23 + 4 oder weitere Varianten, die zusätzlich wichtig wären.

Layout

Insgesamt sind viele Darstellungen sehr klein gehalten, z.B. die Zahlenstraße, die Zahlenstrahl-Aufgaben oder Aufgabenblätter im Format DIN A 5. Die Ziffernkarten 6 und oder 9 sind nicht zur Unterscheidung gekennzeichnet.

Fazit

Ich würde Teile des Programms in erster Linie für das automatisierende Üben nutzen. In vielen Bereichen gibt es gerade bei PIKAS oder „mathe 2000+“ lohnende Alternativen zu TIGRO.

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