Die systemische Beratung regt den Klienten an, eigene Lösungen seines Problems zu finden. Der Therapeut steuert den Prozess und sorgt mit „angemessen ungewöhnlichen“ Fragen für neue Handlungsspielräume und die Erweiterung der Sichtweise auf das Problem. Das Visualisieren in Beratungssituationen könnte vertiefende Einsichten schaffen.
Visualisieren in Beratungssituationen
Mit den 16 Kommunikationsstrategien von Manfred Prior entfalten solche Frageformen noch mehr Wirkung. Außerdem schlägt Prior seit längerer Zeit das Visualisieren in Beratungssituationen als ergänzende Technik vor. Seine Annahme, dass bei der nur verbal ausgelegten Beratung 50% des Potenzials der Klienten ungenutzt bleibt, deckt sich mit den Ansichten der Sketchnote-Anwender, die sich auf die „Dual Coding Theorie“ aus den siebziger Jahren stützen. Informationen, die aus Text und Bild bestehen, werden danach doppelt kodiert. Sie strukturieren übermittelte Informationen durch „aktives Zuhören“ besser, vernetzen mit dem eigenen Vorwissen und lassen sich leichter erinnern. In der Umsetzung liegen Prior und die Sketchnote-Anwender aber weit auseinander.
Prior versucht, parallel zum Bericht des Patienten ein lösungsorientiertes Bild des Problems und seiner Einflussfaktoren zu skizzieren. Dieses Bild besteht aus einfachen Pfeilen, Strichmännchen und Symbolen in den Farben schwarz, rot und grün. Schaut man die Videomitschnitte an, die Prior herausgibt, ist es fraglich, was man am Ende aus dem Chaos an Strichen, Symbolen und Pfeilen noch herauslesen kann.
Visualisieren in Beratungssituationen mit der Sketchnote-Technik
Sketchnotes bedienen dagegen einen bestimmten Stil. Auch hier sind die Darstellungen auf einfachste Formen reduziert (Bildvokabeln). Sketchnotes bestehen aus Linien, Pfeilen, Symbolen, Containern, Figuren und gestalteter Schrift. Übersichtlichkeit ist wichtig. Das Wesentliche wird durch Überschriften, Farben, Schattieren etc. hervorgehoben. Templates für Flipcharts geben Metaphern vor, z.B. Roadmap, Baum, Bergbesteigung, Schatzkiste oder einfache Container mit Titeln wie: Frage, Problem, Ideen, Lösungsvorschläge.
In Beratungen arbeite ich gern mit Templates und PostITs. Die simultane Live-Zeichnung, „graphic Recording“ genannt, verwende ich (noch) nicht. Alternativ nutze ich mein Lernerfolgsrad zum Visualisieren oder lege das Wirkungsgefüge des Lernens mit großen Seilen auf dem Boden aus.
Technische Details
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Vorgehensweisen beim Zeichnen. Man kann mit Stiften und Papier malen, die Zeichnungen mit einem Leuchtbrett ins Reine zeichnen und dann für den Computer einscannen und weiter bearbeiten. Ich zeichne klassisch auf DIN A4 Papier oder für die Flipchart mit Stiften von Neuland (nachfüllbar). Mit Tablet und Stift von Wacom male ich direkt in Powerpoint Folien oder nutze Krita, eine sehr umfassende Open Source Software. Das iPad Pro mit entsprechendem Stift und der Software Procreate ist sicher die komfortabelste, vielseitigste, aber auch teuerste Lösung.
Gute Seiten zur weiteren Information:
Bücher
- Haussmann, M. (2014). UZMO-Denken mit dem Stift, München: Redline Verlag.
- Haussmann, M., bikablo® akademie GmbH & Co. KG (Hg.). bikablo 1, Eichenzell: Neuland GmbH & Co. KG.
- Haussmann, M., bikablo® akademie GmbH & Co. KG (Hg.). bikablo emotions, Eichenzell: Neuland GmbH & Co. KG.
- Rachow, A.; Sauwer, J. (202210). Der Flipchart-Coach. Profi-Tipps zum Visualisieren und Präsentieren am Flipchart, Bonn: managerSeminare Verlags GmbH.
- Roßa, N.; Korth, J. (2022).Lebendig visualisieren in der Schule, Berlin: Cornelsen GmbH.
- Schmidt, J., Keine Lust auf Spaghetti mit Soße, Praxis Kommunikation, 2022, 01, S. 66-68).