Zum Schuljahresbeginn 2019/20 gibt NRW einen verbindlichen Grundwortschatz für die Grundschulen heraus. Damit einher geht die Neuausrichtung des Rechtschreibunterrichts.
Verbindlicher Grundwortschatz
Seit Jahren führen Pädagogen eine Debatte über verschiedene Ansätze beim Schriftspracherwerb. Nach Meinung der Landesregierung zeigten die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2016 für NRW im Bereich Rechtschreibung einen deutlichen Handlungsbedarf. Nun gab das Ministerium in Düsseldorf einen verbindlichen Grundwortschatz heraus. Dazu gehört auch die „Handreichung – Hinweise und Materialien für einen systematischen Rechtschreibunterricht an Grundschulen in NRW“.
Aufbau und Erarbeitung
Der Grundwortschatz enthält 533 Wörter. Diese untergliedern sich weiter in Nachdenkwörter (422) und Merkwörter. Die Wörter bilden die wichtigsten Rechtschreibphänomene ab. Der Grundwortschatz wird im Unterricht ergänzt um Wörter der Kinder (ca. 200-300 Wörter).
Die Erarbeitung erfolgt aktiv in drei Bereichen:
1. Richtigschreiben beim Textschreiben lernen
2. Rechtschreibphänomenen auf den Grund gehen
3. Wörter sichern durch sinnvolles Üben
Handreichung
Die Handreichung enthält außerdem Ausführungen zur Fachdidaktik. Es gibt viele Übungsanregungen, vor allem für den Anfangsunterricht und Hinweise zur Diagnostik.
Im Internet kann man den Grundwortschatz nach Rechtschreibphänomenen filtern. Möglich ist die Ausgabe als Karten oder Listen. Die Nomen kann man als Text-/Bildkarten herunterladen.
Grundwortschatz, Kritische Anmerkungen
Verstärktes, notwendiges Üben im Bereich der Vorläuferfunktionen (phonologische Bewusstheit, schnelles Benennen) wird nicht angesprochen. Ausreichende Übungen sind aber von großer Bedeutung für eine gute Rechtschreibentwicklung. Nur die HSP findet als Diagnoseinstrument Erwähnung. Es fehlen auch Ausführungen zur notwendigen qualitativen Fehleranalyse, obwohl sie die Grundlage für ableitbare Förderziele bildet.
In der Lerntherapie und bei sprachbehinderten Schülern ist die Arbeit mit systematisch nach linguistisch Kriterien ausgewähltem Sprachmaterial erprobt. Dieser Ansatz wird nicht thematisiert. Unter dem Stichwort „Diversität“ gibt es Ausführungen zu Schülern mit Sprachbehinderungen, mit schriftfernen Lebenskontexten, mit Migrationshintergrund und Schülern mit Lernschwierigkeiten. Ausführungen zu Schülern mit Legasthenie fehlen gänzlich. Das ist sehr bedauerlich. Es handelt sich bei dieser Gruppe nicht um ein vernachlässigbares Randphänomen. Auch legt der Erlass von 1991 den förderlichen Umgang mit dieser Schülergruppe ausdrücklich in die Hand von Schule.
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